Anette Huesmann ist Schreibtrainerin. Die Kinder-, Krimi- und Sachbuchautorin gibt in Workshops ihr Wissen über das Schreiben weiter. Wir treffen Anette auf Zoom, um mit ihr über die Ziele ihrer Workshops zu sprechen. Wir wollen wissen, worauf es beim Schreiben ankommt und welche Rolle dabei Online-Kurse spielen.

Du gibst als „Schreibtrainerin“ dein Wissen weiter. Welches Wissen ist das?

Ich sehe das Schreiben als Handwerk. Jeder Maler oder Musiker lernt zuerst sein Handwerkszeug, also die traditionellen Regeln. Genauso ist es beim Schreiben. Um gut zu werden, gilt es, seinen eigenen Stil zu entwickeln, also die Regeln zu kennen, um sie brechen zu können.
Als ich meine ersten Romane geschrieben habe, gab es kaum Schreibworkshops. Die Autoren haben nach dem „Trial and Error“-Prinzip schreiben gelernt, so auch ich. Die meisten waren (und sind) Autodidakten. Das geht, aber es kann lange dauern, bis sich der passende Stil entwickelt. Beim Schreibhandwerk herrscht der Mythos vor: Ein Autor muss nichts lernen, er kann schreiben, weil er so genial ist. Dieser Ansicht trete ich mit meinen Workshops entgegen. Ich bin überzeugt, dass man das Schreiben lernen kann.

Was genau lernen die Kursteilnehmenden bei dir?

Ich gebe die Workshops „Romane schreiben“, „Sachbücher schreiben“ und „Kinderbücher schreiben“. Meist ist den Kursteilnehmern ihr Ziel klar, aber nicht der Weg dahin. Sie wissen, welche Geschichte sie erzählen wollen, aber nicht, welche Struktur sie ihr geben wollen. Welche Elemente Spannung bringen, welcher Stil, welches Genre am besten passen. Mein Ziel ist es, den Kursteilnehmern eine Basis zu geben, damit sie darauf aufbauend ihren eigenen Stil entwickeln können.
Das sind die Grundlagen. In einem zweiten Workshop-Teil gebe ich einen Intensivkurs Figurenentwicklung, Plotentwicklung und Weiterentwicklung des eigenen Schreibstils.

Wie sieht das aus? Kommen die Teilnehmenden in Deine Kurse, um zu schreiben?

Nein, meine Kurse sind keine Textwerkstatt. Ich glaube, dass gute Texte Zeit brauchen. Deshalb gibt es bei mir keine Schreibübungen vor Ort. Zu meinen Kursen bringen manche Teilnehmer Texte mit, an denen sie schon länger geschrieben haben und zu denen sie Fragen haben. Das ist aber keine Voraussetzung. Wichtig ist, dass jeder eine Geschichte im Kopf hat, die er/sie zu Papier bringen möchten.
Die Frage, die ich all meinen Teilnehmern stelle: Was ist deine Geschichte? Dann spreche ich mit ihnen darüber, was eine Geschichte spannend macht. Aristoteles legt in seiner „Poetik“ die Regeln des traditionellen und spannungsreichen Erzählens fest. Diese Regeln sollte man kennen, um sie anwenden zu können, aber auch um zu wissen, wie man sie bricht.
Je mehr Regeln gebrochen werden, umso größer ist das Risiko, dass die Spannung auf der Strecke bleibt. Es gibt aber auch große Autoren, die ungemein spannend erzählen, obwohl sie mit den Regeln brechen. Patrick Süskind und Juli Zeh sind dafür gute Beispiele.

Du gibt Präsenz- und Onlineworkshops. Was unterscheidet diese Formate voneinander?

Mein nächster Workshop sollte eigentlich ein Präsenzkurs im DEZERNAT#16 sein. Aufgrund der aktuellen Lage habe ich den Workshop kurzerhand in einen Onlinekurs umfunktioniert. Für die meisten war das in Ordnung, es gab viele positive Reaktionen. Alle anderen haben die Möglichkeit, an einem Präsenz-Workshop im kommenden Jahr teilzunehmen.
Ich will meinen Teilnehmern nicht nur Wissen vermitteln. Ich will, dass sie es auch anwenden können und dass sie weiter an ihren Geschichten arbeiten. Dafür sind die Onlinekurse sehr gut geeignet. Ich vermittle hier dieselben Inhalte in drei anstatt in zwei Tagen. Den Teilnehmern bleibt zwischendrin mehr Zeit zum Schreiben und dafür, das Ergebnis den anderen zu präsentieren.
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