Im Juni fand das zweite Literaturcamp Heidelberg im Dezernat 16 statt. Die offene Konferenz, deren Programm von den 200-220 Teilnehmenden selbst gestaltet wurde, war nicht nur für die Besucherinnen und Besucher ein voller Erfolg. Auch für die Kultur- und Kreativwirtschaft ist die ehrenamtlich organisierte Veranstaltung rund um die Literatur eine feste Größe zum Austausch, Netzwerken und zum Anstoßen gemeinsamer Projekte geworden. 

„Ich wünsche mir konstruktiven Streit und Kommunikation auf Augenhöhe“, sagte Susanne Kasper, die Initiatorin des Literaturcamp Heidelberg, zur Begrüßung. Zu dieser Augenhöhe gehört für das Organisationsteam, dass alle Teilnehmenden mit ihren Bedürfnissen ernst genommen werden. Auch die Kinder, die das Literaturcamp besuchen. Von den verschiedenen Betreuungsangeboten über einen Ruheraum bis hin zum veganen Catering, das Rücksicht auf Allergene nimmt, zieht sich dieses Konzept durch die gesamte Veranstaltung. Und das macht die besondere, freundschaftliche und produktive Atmosphäre des Literaturcamps aus. „Come as you are“ sang Kurt Cobain, und obwohl er dabei sicher keine Unkonferenz vor Augen hatte, könnte es doch das Motto des reichweitenstarken Literaturcamp Heidelberg sein.

Das Literaturcamp – nicht die erste „Unkonferenz“ im Dezernat 16

Wer noch nicht weiß, wie ein Barcamp funktioniert: In diesem Beitrag des Rhein-Neckar-Fernsehens wird es erklärt. Das Literaturcamp Heidelberg ist ein Barcamp mit einem Überthema. Trotzdem sind auch literaturfremde Themen sehr willkommen. Gerade bei solchen Unkonferenzen sind alle Teilnehmenden aufgefordert, den berühmten „Blick über den eigenen Tellerrand“ zu wagen.

Aus datenschutzrechtlichen Gründen benötigt YouTube Ihre Einwilligung um geladen zu werden. Mehr Informationen finden Sie unter Datenschutzerklärung.
Akzeptieren

Neben Sessions zum Buchbloggen, Literaturwissenschaft im Internet, Marketing in der Buchbranche und einem kleinen, feinen Poetry-Slam am Samstagabend, war ein Fokus der Veranstaltung das Selfpublishing für Autoren. Über das Verhältnis zwischen kreativem Schaffen und finanziellem Auskommen sprach ich auf dem Literaturcamp mit Besucherinnen und Besuchern.

Señor Rolando ist selbstpublizierender Autor und Podcaster. Seit 2004 schreibt er einen Blog über sein Leben mit Kindern. Diese Geschichten publizierte er später als Buch. Seinen Podcast „Büchergefahr“ begann er 2014. Einen Podcast aufzubauen sieht er als Möglichkeit, als Autorin oder Autor sichtbar zu werden und in Kontakt mit interessanten Menschen zu treten. Warum die Technik nicht im Vordergrund stehen sollte, welches Projekt er mit dem Podcast gerade prokrastiniert, und was ein Podcast noch für Vorteile hat, erklärt er im Interview. Außerdem sprechen wir über die oft schwierige Situation von Kreativschaffenden zwischen eigenem Ausdruck und der Notwendigkeit von Selbstvermarktung und Einkommen. Dazu hat Señor Rolando ein paar durchaus provokante Tipps. Im Hintergrund wechseln Teilnehmende des Literaturcamps die Räume, und in der zweiten Hälfte hört man ein ferngesteuertes Auto von einem unserer Litcamp-Kinder.

 

Mit Claudia Schmid, einer Autorin für historische Romane, spreche ich über ihre Mitgestaltung des Rahmenprogramms beim Literaturcamp, dem „Literarischen Spaziergang“, sowie über die Finanzierung als Autorin. Claudia hat sechs Romane und über 40 Kurzgeschichten veröffentlicht. Für Claudia ist das Literaturcamp gerade für Überlegungen zur Finanzierung des eigenen Schreibens eine gute Veranstaltung. Durch den Austausch kann man von anderen lernen. Warum sie es oft als Privileg empfindet, mit ihrem Schreiben und ihren Lesungen Geld zu verdienen, warum es ihr wichtig ist, das Handwerk des Schreibens hochzuhalten, und warum sie ein Fan des Dezernat 16 ist, sagt Claudia Schmid im Interview.

 

Benjamin Spang ist Autor eines Dark Fantasy Romans, der durch Crowdfunding finanziert wurde. Über die Zeit des Crowdfundings und darüber, was alles zu solch einem Projekt dazu gehört, sprach Benjamin Spang auf dem Literaturcamp in seiner eigenen Session. Das Literaturcamp ist für ihn ein Treffpunkt mit vielen Menschen, die er über Social Media-Kanäle kennen gelernt hat. Die Weitergabe von Wissen steht bei der Veranstaltung für ihn ebenfalls im Zentrum. Über den Nutzen von Crowdfunding, wie es für die Finanzierung eines Buches gelingen kann und was man dabei beachten muss, reden wir im Interview. Außerdem erfahrt Ihr, warum Crowdfunding zwar zeitintensiv ist, für Benjamin Spang aber eine tolle Interaktionsmöglichkeit mit seinen Leserinnen und Lesern.

 

Mit Stefanie Leo spreche ich über die von ihr aufgebaute Plattform „Bücherkinder“, die vor kurzem 15 Jahre alt geworden ist. Stefanie ist Barcamp-Fan und schätzt neben den thematisch offenen Barcamps auch die stARTcamps, weil themenfremde Veranstaltungen den Horizont erweitern. Im Interview erfahrt Ihr, welches „Bücherkind“ am längsten bei ihr Redaktionsmitglied ist, warum sie mit „Bücherkinder“ vermutlich gerade die nächste Generation der Bücherblogger ausbildet, und was sie sich vom Literaturcamp noch gewünscht hätte. Im zweiten Teil des Interviews kommt uns im Hof des Dezernat 16 leider der Wind etwas in die Quere. Die hörenswerten Einschätzungen und Tipps von Stefanie trösten darüber aber hinweg.

 

Su Steiger hat Verlage in Sachen Social Media begleitet und für einen Indie-Verlag die Onlinepräsenz aufgebaut. Dem Literaturcamp hat sie dieses Jahr ein neues Format geschenkt: Den „Litcampslam“, ein Poetry-Slam mit vorbereitender Session. Su sagt, sie fand nach dem Literaturcamp im letzten Jahr, dass auf einer solchen Veranstaltung auch Literatur stattfinden solle. Und zwar solche, die nicht zwischen Buchdeckeln stecke. Warum ein Poetry Slam eine tolle Möglichkeit ist, sich auszuprobieren, was mit den Texten aus dem #litcampslam nun passieren soll, wen Su und ich ganz herzlich grüßen möchten, und was ein kreativer Eisbrecher ist, erfahrt Ihr im Interview.

 

Mit Susanne Kasper und Dirk Welz vom Orgateam des Literaturcamp habe ich eine knappe Woche nach der Veranstaltung gesprochen. Dafür hat Susanne Kasper, die Initiatorin, extra noch einmal den Weg nach Heidelberg auf sich genommen. Beide freuen sich über den Zuwachs und den Zuspruch, den das Literaturcamp erhalten hat – auch von Seiten der Sponsoren. Am Tag selbst war vor allem Dirk erst einmal angespannt: Die Technik streikte, und der geplante Livestream drohte damit, keinen Ton zu haben. Das Orgateam bekam alle Probleme in den Griff, und daher gibt es dieses Jahr zum ersten Mal viele Sessions aus dem Foyer 1 auf youtube nachzusehen. Darüber, warum das Literaturcamp für beide ein Herzensprojekt ist, was in diesem Zusammenhang für Susanne „Empowerment“ bedeutet, und warum das Dezernat 16 für das Orgateam immer noch eine Lieblingslocation ist, sprechen wir im Interview.

 

Wir freuen uns, wenn wir die Teilnehmenden des Literaturcamp Heidelberg auch im nächsten Jahr im Dezernat 16 begrüßen können. Bis dahin wünschen wir viel Spaß mit den Interviews und den Videos von Livestream.watch!

 

Text, Interviews und Fotos: Julia Schönborn