Am OPEN HOUSE DAY hatte das Ergebnis einer sehr interessanten Kooperation Videopremiere im Dezernat 16: Laura Mahlberg, Filmemacherin aus Heidelberg, arbeitete mit Modedesigner Leon Emanuel Blanck und der freien Künstlerin Nicola Falley aus dem Dezernat 16 zusammen. In den kurzen, künstlerischen Tanzfilm integriert sie eine Rauminstallation von Nicola Falley. Leon Emanuel Blanck stattete den Tänzer des Films aus.
Laura Mahlberg studierte Film in Stuttgart und produziert seit mehreren Jahren ihre eigenen Spielfilme. Eine ihrer Produktionen, „Kalifornia“, wurde auf der Berlinale sowie im Museum of Modern Art in New York gezeigt. „In meinen Filmen, für die ich auch die Drehbücher schreibe, konzentriere ich mich mehr und mehr darauf, Spiel- und Experimentalfilm zusammenzubringen“, erklärt Laura Mahlberg, die mit zwei Bekannten aus der Stuttgarter Merz Akademie ganz aktuell eine Firma gegründet hat: „Mit „Third Picture“ wollen wir uns vor allem auf kürzere Videoinhalte spezialisieren. Dabei ist uns der künstlerische Anspruch und ein experimenteller Charakter wichtig.“ Für den Modedesigner Leon Emanuel Blanck drehte die neugegründete Firma bereits zwei Filme.
Der Raum in wechselnder Perspektive
Im aktuellen Kurzfilm spielt die Installation „Sänfte“ der freien Künstlerin Nicola Falley eine große Rolle. Bei „Sänfte“ handelt es sich um eine acht Meter lange Stahlkonstruktion, die einen tragbaren Raum andeutet. Laura Mahlberg schätzt die Arbeiten der Künstlerin, weil sie die Wahrnehmung von Raum in Szene setzt: „Es ist interessant, wie sich die Erscheinung des Raumes durch den Wechsel der Perspektive verändert, wie aus der Wahrnehmung scheinbar geschlossener zweidimensionaler Flächen plötzlich die offene dritte Dimension spürbar wird“, sagt Laura, die die Idee zum Kurzfilm mit Nicola zusammen ausarbeitete. „Gerade im Medium Film ist so ein Spiel mit Raum und Räumlichkeit spannend und vielseitig.“
Den Impuls zur gemeinsamen Arbeit gab eine Aufführung am Heidelberger Theater: „In der Tanzaufführung „Bacon“ fiel uns beiden unabhängig von einander das Bühnenbild auf. Um nur stark reduziert einen geschlossenen Raum anzudeuten, wurden gelb fluoreszierende angestrahlte Fäden als Grenzlinien eines Raumes über die Bühne gespannt und so – ganz ähnlich wie bei Nicola – mit der Wahrnehmung von Zwei- und Dreidimensionalität gearbeitet.“
Sie beschlossen, eine gemeinsame Arbeit zu realisieren, und gewannen einen Tänzer, Brecht Bovijn, aus der „Tanzcompany Nanine Linning“, die auch die „Bacon“-Aufführung gestaltet hatte. In Frankfurt fand sich eine große, leerstehende Fabrikhalle für den Dreh, und Leon Emanuel Blanck stattete den Tänzer aus. Insgesamt vier Tage dauerten Aufbau, Dreh und Abbau für das Projekt, das in kurzer Zeit eine abstrakt gehaltene Geschichte erzählt.
Grenzen und Grenzerfahrung
„Zu Beginn kann sich der Tänzer noch frei im Umraum bewegen, ohne dass die Installation zu sehen ist. Durch Schnitte und Perspektivenwechsel kommt sie langsam hinzu.“ Nun bewegt sich der Tänzer im Inneren des Raumes, überschreitet ihn aber nicht mehr. Im Verlauf wird klar: Der Platz wird immer begrenzter. „Für uns symbolisiert der Raum alle Arten von Schranken und Grenzen – gesellschaftliche wie selbst auferlegte. Wir zeigen so die Entwicklung eines Menschen, der erst alle Möglichkeiten hat, und später stark eingeschränkt ist“, erklärt Laura Mahlberg den Inhalt des Films. Das Thema gesellschaftliche Schranken beschäftigt sie auch in ihren längeren Filmen: „Tatsächlich geht es bei mir häufig um Identitätssuche, da spielen Grenzen eine große Rolle“, bestätigt sie.
In der Vorbereitung wurde die Installation von Nicola noch gelb umlackiert. Das machten die Beteiligten gemeinsam. Zudem war die Auswahl der richtigen Kleidung für den Tänzer ein Thema. „Wir entschieden uns letztlich für ein besonderes Teil aus Leons Kollektion, den „Chemsuit“. Es ist eine Art Overall, der sehr speziell aussieht. Das gewählte helle Grau passte zu unserer Location in Frankfurt, und der Ganzkörperanzug bot einen spannenden Kontrast zu der eher weichen, verletzlich wirkenden Figur des Tänzers“, fasst Laura Mahlberg zusammen. Leon Emanuel Blanck formt alle seine Stücke am menschlichen Körper ab und kreiert daraus die Schnitte zu seiner Kleidung. Ein besonderes Verfahren, das seine gesamte Kollektion viel anatomischer macht als herkömmlich geschneiderte Kleidung. Ein Grund, weshalb Teile seiner Kollektion ins Archiv des Hamburger Museums für Kunst und Gewerbe aufgenommen und dort bereits ausgestellt wurden. „Es lag nahe, diese Besonderheit von Leons Arbeit zu inszenieren, indem ein Tänzer sich in den Sachen bewegt“, berichtet Laura Mahlberg.
Der Film wird in Kürze auf den Websites von Leon, Laura und Nicola zu sehen sein. Darüber hinaus wird er bei Festivals eingereicht werden. Gerade spezifische Filmfestivals für Mode und Tanz hat Laura Mahlberg im Auge. Der letzte Film, den „Third Picture“ für Leon Emanuel Blanck produzierte, läuft aktuell auf dem Filmfestival „Aesthetica“ in York, England. Wir wünschen allen Beteiligten, dass schon bald viele Menschen den Tänzer in den wechselnden Grenzen des Raumes sehen können.
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Beitragsbild: Denisa Tanase/ Vincent van Tiedemann. ©thirdpicture
Text: Julia Schönborn