Nach vielen Jahren praktischer Erfahrung im Bereich der digitalen Medien hat Thomas Bierlein vor kurzem seinen Fachanwalt in IT-Recht abgelegt. Er berät sowohl Unternehmen als auch private Verbraucher. Wir sprechen über seine Berufswahl und die Spezialisierung. Zudem verrät Thomas Bierlein, was wir im Internet (fast) alle falsch machen.

Als Jurastudent hatte Thomas Bierlein häufig mit Urheberrechtsfällen zu tun. An einen IT-Schwerpunkt dachte er damals noch nicht. „Ich hatte keine Berührungsängste mit den digitalen Medien, habe auch meine erste Website einfach selbst programmiert. Die Spezialisierung aber kam nach und nach mit den Fällen, die ich bearbeitet habe.“ Im Zeitalter von Copy&Paste gibt es viele Berührungspunkte zwischen Urheber- und Medienrecht. Aber das ist nicht das einzige Gebiet, in dem der Anwalt aktiv ist. „Wenn ich zum Beispiel einen Flug buche, schließe ich einen Vertrag im Internet ab“, erklärt Thomas Bierlein. „Damit bin ich als Verbraucher schon mitten im IT-Recht.“

Thomas Bierlein als Jurastudent kurz vor dem Abschluss

Seine Mandanten unterstützt er bei verschiedenen Rechtsfällen: Probleme mit dem Handyvertrag oder Bestellungen, Abmahnungen, Filesharing oder bei der Benutzung von Bildern und Links in Unternehmensblogs. Auch Fälle von Cyberkriminalität hat Thomas Bierlein bereits behandelt: „Ich bin kein Strafverteidiger, sondern zivilrechtlicher Anwalt. Aber an der Schnittstelle zwischen Strafverteidiger und Spezialist für IT-Recht gibt es wenige praktizierende Anwälte. Das heißt, auch wenn normalerweise Straf- und Zivilrecht getrennt sind: Hier sind die Übergänge noch fließend.“ Daher gehören Fälle von Cyberkriminalität auch zur Fachanwaltsausbildung. Ein sehr spannender Bereich, wie Thomas Bierlein erklärt. Aber auch ein Bereich mit hoher Verantwortung.

Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, nimmt die Ausbildung zum Fachanwalt viel Zeit in Anspruch und setzt langjährige Erfahrungen voraus. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten hat Thomas Bierlein insgesamt 120 Stunden Fortbildung gemacht, mehrere Klausuren zu den jeweiligen Rechtsgebieten geschrieben und eine vorgeschriebene Anzahl praktischer Fälle aus unterschiedlichen Bereichen vorgewiesen. Die Spezialisierung verlangt dabei einen Anteil an gerichtlichen Fällen, was eine besondere Herausforderung darstellt: „Die meisten Fälle in diesem Bereich gehen nicht vor Gericht“, erklärt der Anwalt. Zudem schätzt er, dass vor allem private Verbraucher oft gar keinen Anwalt aufsuchen, wenn sie abgemahnt werden. „Das ist schade, denn es gibt erstens die Möglichkeit, für die Beratung eine Beratungskostenhilfe zu beantragen. Und zweitens sind die Erfolgsaussichten vor Gericht oft besser als von den Verbrauchern eingeschätzt, auch wenn man das natürlich nicht pauschal versprechen kann.“

Neben privaten Verbrauchern berät Thomas Bierlein zunehmend Unternehmen. Hier arbeitet er nicht nur beratend und überprüft Webseiten, AGB, Datenschutzerklärungen und IP-Adressen. Sondern begleitet zum Beispiel auch die Prozesse in Unternehmen, die mit IT-Recht zu tun haben: „Dazu gehören Lizenzverträge für Programmierer und Entwickler. Ein spannender und zukunftsträchtiger Bereich mit vielen Fragen in großen und mittelständischen Betrieben, aber auch in kleinen Start-Ups“, sagt Thomas Bierlein. Gerade in der App-Entwicklung ginge vieles sehr schnell. Menschen könnten ohne große Hürden gemeinsam etwas entwickeln. Fragen wie „Was muss ich rechtlich beachten, wie sichere ich mich ab?“ kämen dabei meist zu spät. „Für mich als Gestalter in diesen Rechtsfragen ist es eine Freude, die Dinge von Anfang an so zu regeln, dass Probleme ausbleiben“.

Seit März 2014 hat Thomas Bierlein ein Büro im Dezernat 16. Er war der erste Bewohner im Flügel hinter der Leitstelle. Zu finden ist er aber auch digital. Auf seiner Website bierlein.org, und auf dem Portal anwalt.de. Die Seite erlaubt den Nutzern, ihre Anwälte zu bewerten, was im Rechtsbereich längst nicht so üblich ist wie in anderen Dienstleistungsbereichen. Thomas Bierleins Bewertungen können sich sehen lassen.

Bei meiner Frage, was wir im Internet alle falsch machen, muss er nicht lange überlegen: „Der Umgang mit Passwörtern ist sicher einer der häufigsten Fehler“, berichtet er. „Die meisten nehmen viel zu einfache Passwörter und verwenden sie dennoch immer wieder. 12345 ist kein sicheres Passwort, schon gar nicht, wenn es im Browser abgespeichert wird.“ Interessant ist allerdings auch hier die Rechtslage: „Bei Rechtsfällen heißt ein zu einfaches Passwort nicht automatisch, dass man einen schweren Stand hat. Sowas muss im Einzelfall geprüft werden. In der Haftung ist der Verbraucher allerdings, wenn er seine Passwörter öffentlich zugänglich abspeichert, also zum Beispiel unter „Notizen“.“ Außerdem rät der Anwalt davon ab, Klarnamen im Internet zu verwenden. Dieser Schutz vor Identitätsmissbrauch sollte allerdings nicht mit Anonymität verwechselt werden: „Unser Nutzerverhalten lässt auch auf einen häufigen Fehler schließen. Viele glauben immer noch, dass sie im Internet anonym unterwegs sind. Dabei sind sie über ihre mobilen Geräte sogar lokal zu orten! Wüssten das alle, wäre der Umgang mit dem Netz ein anderer.“

Text und Fotos: Julia Schönborn