Janina König und Madiagne Diop sind vor kurzem in ein Gemeinschaftsatelier unter das Dach des Hauses 3 eingezogen. Während Madiagne Herren- und Damenmode schneidert, – sowohl für die Produktion als auch als Maßanfertigung, – näht Janina Taschen aus Leder nach ihren eigenen Designs. Wir besuchten sie kurz nach ihrem Einzug und erhielten Einblicke in die Arbeit und den Werdegang der beiden.

 

Petricor Taschen

Der Name Petricor kommt aus dem Griechischen und bezeichnet den Geruch von Sommerregen. Janinas Taschen überstehen einen solchen mit Leichtigkeit.

Das individuelle Design der aus Leder gefertigten Taschen entstand, weil Janina für ihre Modelle zunächst Lederreste verwendete. 

Das Highlight ihrer Kollektion, die Festivaltasche, lässt sich auf viele verschiedene Arten tragen und passt sich so der Situation an: Ob Festival, Reise, Ausflug oder eben auch ein überraschender Sommerregen.

 

Direkt nachdem Janina König ihr Studium des Kommunikationsdesign in Mannheim abschloss, gründete sie ihr eigenes Label. Janina konnte den Markenaufbau sowie die Entwicklung des Corporate Design nämlich bereits in ihre Bachelorarbeit aufnehmen. „Mein Studium war für meine Gründung absolut hilfreich. Ich kann das gesamte Marketing sowie das Design selbst gestalten. Auch Produktfotografie, Flyer fertigen oder Filme schneiden sind kein Problem“, erläutert Janina. Das Designstudium hatte sie sich ausgesucht, um kreative Ideen praktisch umzusetzen. „Am Ende war das Studium mir aber etwas zu unkreativ, ich wollte mehr“, fasst Janina zusammen.

Ein halbes Jahr nach der Gründung des Labels Petricor startete der Verkauf. Seit einigen Wochen gibt es Janinas Designs auch im eigenen Online-Shop. „Ich beginne langsam, da ich beinahe alles alleine mache. Später möchte ich für die Produktion jemanden einstellen können und mich vor allem um die Weiterentwicklung der Marke kümmern.“ Bis dahin näht sie jedes Stück selbst. Eine Ausbildung zur Schneiderin hat sie nicht, das Nähen hat sie sich früh selbst beigebracht. „Ich fange noch heute mit einem neuen Design auf die gleiche Weise an wie damals: Ich habe eine Vorstellung im Kopf und stoße bei der Umsetzungen immer wieder auf Probleme, für die ich mir eine Lösung überlege. Später merke ich oft, gerade bei der Zusammenarbeit mit Madiagne: Für meinen selbst gefundenen Weg gibt es noch andere Lösungen. So merke ich, dass ich einen anderen Blick, einen anderen Zugang habe. Der Austausch hier ist für uns beide sehr spannend.“

Janina König mit ihrer Festival-Tasche

Kreative Arbeit ist für Janina das Gestalten und das direkte Ausleben der Inspiration. „Außerdem kann ich als Selbständige immer wieder andere Dinge ausprobieren, mich neu inspirieren lassen, die Richtung ändern“, sagt Janina. „Für mich und mein Unternehmen zu produzieren fühlt sich oft nicht wie Arbeit an.“ Gerade hat sie für ihre Festivaltaschen neues Leder bestellt, um wieder mit ein paar neuen Farben experimentieren zu können. Die Festivaltasche ist ein gutes Beispiel für Janinas Arbeitsweise. „Die Idee entstand bei einem Festivalbesuch vor einigen Jahren. Heute darf man auf die meisten großen Events nur noch sehr kleine Taschen mitnehmen. Die sind aber oft unpraktisch zu tragen. Daher habe ich mir die Festivaltasche überlegt, die sich von Mini-Rucksack über Handtasche bis hin zur Bauchtasche verwandeln lässt.“

Direkt nach dem Studium in die Selbständigkeit – ist das bei Kommunikationsdesignern eigentlich üblich? „Tatsächlich arbeiten einige freiberuflich, die meisten davon sicherlich als Grafikdesigner“, erläutert Janina. „Aber es gibt auch viele, die auf verschiedenen Wegen all ihre verrückten Ideen weiterverfolgen. Für mich stand auf jeden Fall früh fest, dass ich etwas eigenes machen will, ohne Vorgaben und Einschränkungen“.

 

Diop

In sein Label floss Madiagne Diops ganze Erfahrung. Nach vielen beruflichen Stationen schneidert Madiagne nun im D16 Hemden, Kleider und Anzüge nach Maß. Besonders bekannt sind seine bunten Hemden. 

Madiagne fertigt sowohl Bestellungen für Geschäfte als auch Aufträge für Privatkunden an. Seine Designs für Modeläden gibt es immer in kleiner, exklusiver Menge und sehr hochwertiger Ausführung.

 

Während die meisten Grundschulkinder in ihrer Freizeit Fußball spielen oder Fahrrad fahren, arbeitete Madiagne bei einem Schneider. „Es war im Senegal üblich, Kleidung beim Schneider anfertigen zu lassen, weil es günstiger und individuell war“, erklärt Madiagne. „Ich begleitete einen Freund, da war ich ungefähr 11, und war beeindruckt, wie in kürzester Zeit eine Hose entstand. Da fragte ich ihn, ob er mir beibringen könne, zu schneidern.“ Schon nach einem Monat konnte Madiagne so nähen, dass Freunde zu ihm nach Hause kamen und ihre Kleidung von ihm nähen ließen. Für Madiagne war klar, er möchte das Handwerk in all seinen Facetten lernen. „Ich fragte meinen Schneiderfreund, wo ich Mode lernen könnte, und er sagte, in Italien. Daraufhin ging ich zum italienischen Kulturinstitut in der Nähe der italienischen Botschaft und lernte die Sprache vier Jahre lang.“

Ein Stipendium der italienischen Regierung brachte ihn an die Accademia di belle Arti, wo er als Profilfach Mode wählen konnte. „Bei einem italienischen Schneider machte ich parallel zu meinem späteren Studium der Literatur, Philosophie und Kunstgeschichte eine Schneiderausbildung. Weil ich alles lernen wollte – also nicht nur die Maßanfertigung, sondern auch die industrielle Verarbeitung, ging ich in die private Abendschule und ließ mich zum Modellisten ausbilden. Ein Modellist versteht sich auf produktionsreife Schnitte nach Normen und Größen“, erläutert Madiagne. In dieser Zeit arbeitete er in vielen verschiedenen Betrieben, mal einen, mal zwei Monate, um ein möglichst umfangreiches Bild zu bekommen. Nach Perugia und Florenz führte ihn schließlich – wie so oft im Leben – die Liebe nach Heidelberg. „Auf der Accademia lernte ich auch, Kostüme zu nähen“, sagt Madiagne. „Das führte zu meiner ersten Anstellung am Stadttheater Heidelberg – zunächst bei der Damenschneiderei, dann bei den Herren. Immer da, wo ich gebraucht wurde. Mir haben die Kostüme sehr viel Spaß gemacht.“ Das Theater sah Madiagne nur ungern gehen, aber er wollte noch mehr seiner Fähigkeiten einsetzen und begann, seine eigenen Ideen zu realisieren. Mit einem Geschäftspartner gründete er sein erstes Label und fertigte Hemdenkollektionen für Boutiquen an. Sein Wissen und seine Erfahrungen in diesem Bereich brachte er später zu seiner Schwester und seinem Bruder in den Senegal. Bis heute leitet seine Familie dort die Produktion seiner Designs für den afrikanischen Markt.

Madiagne Diop im Gemeinschaftsatelier

Auch heute betreut Madiagne teilweise die afrikanische Firma vor Ort, wenn große Bestellungen eingehen. „Viele, die meine Arbeit kennen, fragten mich aber immer wieder, wo man meine Kleidung hier in Deutschland bekommen kann. Also habe ich noch einmal gegründet.“ Mit seinem im D#16 ansässigen Unternehmen fertigt Madiagne exklusive Kleidung für ausgewählte Geschäfte, sowie Maßgeschneidertes für Privatkunden. „Mein Traum für die Zukunft ist, zusätzlich auch mein eigenes Geschäft in Heidelberg aufmachen zu können.“ Dafür wünschen wir schon jetzt alles Gute!

Kennengelernt haben sich Janina und Madiagne übrigens über den Bewerbungsprozess. Für beide kam das freie Atelier zu einem wichtigen Zeitpunkt. „Ich bin wirklich glücklich über diese Möglichkeit, und mit Madiagne zu arbeiten passt sehr gut“, lächelt Janina. „Zwar hat jeder von uns sein eigenes Unternehmen“, ergänzt Madiagne, „aber wir begleiten einander, helfen und tauschen Ideen aus. Das ist sehr wertvoll.“

 

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Mehr zu Petricor Taschen unter Instagram und https://www.petricor.de