Stavroula Papadopoulou ist Keramikerin. Für ihr kleines Unternehmen WerkStaat verabschiedete sie sich von ihrem früheren Beruf als Umweltberaterin. Sie hätte nie vermutet, dass sie 2018 ihr Wissen, ihre Fähigkeiten und ihre Erfahrungen aus beiden Welten für ein internationales Forschungsprojekt brauchen würde.

Wir wissen nicht viel über die Tiefsee. Ihre Landschaft ist divers, ihre Lebewesen eigenartig und fremd. In 4000 Metern Tiefe liegen kartoffel- bis salatkopfgroße Knollen aus Erden und verschiedenen seltenen Metallen, die sogenannten Manganknollen.

Die Manganknollen könnten, wenn unsere Ressourcen erschöpft sind, zu einer neuen Quelle für Kupfer, Nickel, Kobalt, Platin und Tellur werden. Doch beim Hochpumpen der Knollen wird in das Ökosystem eingegriffen: Kleinstlebewesen auf der Oberfläche der Knollen sterben und Furchen entstehen auf dem Boden der Tiefsee.

Deshalb setzen sich Forscherinnen und Forscher dafür ein, zunächst zu verstehen, wie die in Millionen Jahren entstandenen Manganknollen das Ökosystem beeinflussen, bevor man sie erntet.

2018 startete das auf dreißig Jahre angelegte Projekt, an dem neben Universitäten und Forschungseinrichtungen eine kleine Gründung der Heidelberger Kreativwirtschaft mitwirkt:

WerkStaat der Keramikerin Stavroula Papadopoulou.

Umweltberatung mit dem Brennofen

Als Umweltberaterin hat Stavroula schon früher zwischen den Welten vermittelt. Und als die Forscherin Sabine Gollner vom NIOZ (Royal Netherlands Institute for Sea Research) sie bat, bei einem drängenden Projekt zu unter-stützen, war Stavroula sofort an Bord.
„Wir hatten keine Zeit, aber eine Vision: Was ist, wenn wir die Zusammensetzung der Knollen besser verstehen? Wenn wir sie sogar nachbauen können? Wenn wir in einem Keramik-Brennofen neue Knollen herstellen, ein
Ofen, der sich später vielleicht direkt auf den Schiffen befindet?“

Was so verrückt klingt, kann im Tiefseebergbau möglicherweise eine Umweltkatastrophe verhindern.

Die aktuelle Ausgrabung von Manganknollen in der pazifischen Tiefsee findet zum Zweck der Forschung statt. Per Post erhält Stavroula die Sedimente mit dem Auftrag, diese aus verfügbaren Materialien nachzubauen.

Die Keramikerin entwickelte Kapseln, um die Masse zu brennen. Dabei war unklar, wie sich das Material verhält. Wie heiß darf es werden, wann zerfließt es und geht kaputt?

„Es war ein Experimentieren und Ausprobieren. Immerhin der Anfang einer völlig neuen Forschung.“

Stavroula Papadopoulou

Ohne Grenze, mitten hinein

Für Stavroula ist es genau das, was die Kunst für die Wissenschaft tun kann: Ohne Angst neue Wege einschlagen, einfach ausprobieren, schnell sein.

„Die Wissenschaft, das sind beobachtende Schritte, einer nach dem anderen. Die Kunst, das bedeutet, ohne eine Grenze mitten hinein zu springen.“

Stavroula Papadopoulou

Nachdem die ersten künstlich gebrannten Manganknollen aus dem Ofen im DEZERNAT#16 von Robotern wieder in die Tiefsee gebracht wurden und sich als stabil zeigten, machte Stavroula mit dem „Backen“ weiter. Über 2000 künstliche Knollen von WerkStaat bevölkern mittlerweile ein fußballgroßes Areal in der Tiefsee.

Die Hypothese ist, dass sich dort wieder Lebewesen ansiedelt. Bei den vor einiger Zeit entnommenen Knollen konnte dies noch nicht festgestellt werden, „aber in der Tiefsee dauert alles viel länger“, weiß Stavroula.